Im Folgenden lesen Sie aus unserem kostenfreien Buch Mentoring – Wissenswertes und Persönliches den Erfahrungsbericht von Thomas Zimmerling, in dem er u. a. beschreibt, warum er gern ehrenamtlich Mentor ist.
Die Arbeit mit jungen Menschen hat mir schon immer Spaß gemacht. Das mit 40 Jahren zu sagen, mag anmaßend klingen. Aber als Mentor muss man heutzutage nicht mehr 20 Jahre älter sein als der Mentee. Mich haben Lebensphilosophien und -welten auch mit einem Abstand von nur fünf oder zehn Jahren interessiert. In unserer heutigen schnelllebigen Zeit, vor allem in der Kommunikation, ändern sich die Herausforderungen und Probleme fast schon alle zwei Jahre. Zudem bin ich getrieben von einer fast krankhaften Neugier. Vermutlich ist das der Grund, warum ich in meiner bisherigen Karriere eben nicht nur ein oder zwei Stationen gesehen habe. Das schärft den Blick und fördert die eigene Entwicklung. Zugleich macht es einen selbst interessant für andere Menschen.
Vielleicht hat mich der für das Mentoring-Programm der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) zuständige Kollege deshalb gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, mich als Mentor zu engagieren. Ehrlich gesagt habe ich keine Sekunde mit meiner Zusage gezögert.
Auch wenn ich nie selbst einen offiziellen Mentor hatte, war und bin ich davon überzeugt, dass Mentoring wirkt. Viele erfolgreiche Menschen hatten das Glück, in ihren Karrieren Förderern zu begegnen, die an sie geglaubt und sie nach Kräften unterstützt haben. Das ging mir im Prinzip von meinem ersten Studentenjob an so. Schon meine erste Chefin in der Agentur hatte eine ziemlich genaue Vorstellung, wo mich meine beruflichen Wege hinführen würden. Entsprechend hat sie gehandelt, und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Dass in der Folge weitere Förderer den Staffelstab von ihr übernahmen, war mein Glück – hat aber dazu geführt, dass ich nie einen richtigen Mentor brauchte.
Als Führungskraft hatte ich eine recht unkonventionelle Auffassung von zeitgemäßer Führung, als ich erstmals in eine entsprechende Position kam. Ich wollte meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer ein Mentor sein und nicht nur die Hierarchieebene obendrüber. Ich bilde mir ein, dass das nicht ganz ohne Erfolg war. Vor etwa fünf Jahren haben mich dann erstmals zwei PR-Kollegen gefragt, ob ich ihr Mentor sein könnte. Sie standen vor der Herausforderung, ihre PR-Agentur bekannter zu machen und im Markt als so besonders zu positionieren, wie sie es ohne Zweifel war und bis heute ist. Ich war von den beiden Inhabern genauso überzeugt wie von ihrem Angebot und nahm gerne an. Wir haben uns dann über ein Jahr hinweg einmal im Monat getroffen und an einem anfangs definierten Kanon von Fragestellungen gemeinsam gearbeitet. Ich habe meine Erfahrungen geteilt und die ein oder andere Tür geöffnet. Was mich jedoch absolut perplex gemacht hat, wie sehr die beiden von Anfang an Exzellenz in der Umsetzung vereinbarter Maßnahmen gezeigt haben. Schon nach einem halben Jahr waren die ersten Ergebnisse sichtbar. Ich hatte nie das Gefühl, wir könnten an einem kritischen Punkt scheitern. Nach 12 Monaten konnte ich nichts mehr tun, und wir haben uns überlegt, wie ein Mentor für die folgende Zeit aussehen müsste. Leider hat es den meines Wissens bis heute nicht gegeben. Allerdings aus einem erfreulichen Grund: Auch nach den 12 Monaten verfolgten die beiden Agenturinhaber den eingeschlagenen Weg sehr erfolgreich weiter. Für die Suche nach einem Mentor blieb da kaum Zeit. Mich erfüllte der Erfolg der kleinen Agentur mit großer Zufriedenheit – eine Kraftquelle für das Mentoring, das nun bald folgen sollte.
Das Mentoring-Programm dauert ein Jahr. Zu der Zeit, als ich meinen Mentee bekam, erfolgte das Matching händisch nach Ausfüllen eines Fragebogens und einem persönlichen Auswahlgespräch. Ein Rahmenprogramm für Mentoren und Mentees gab es nicht, aber Materialien zur Vorbereitung. Nach dem Kennenlernen haben mein Mentee und ich eine Zielvereinbarung aufgesetzt und uns dann monatlich zu bestimmten Themen getroffen, die in Form von Meilensteinen umgesetzt wurden. In dem einen Jahr geriet das Mentoring einmal ins Stocken, weil mein Mentee viel zu viel arbeiten musste. Gerade da erwies es sich jedoch als gut, sich zu treffen und auch ohne Agenda zu sprechen. Nachdem wir 90% unserer gemeinsamen Wegstrecke hinter uns gebracht hatten, wurde mein Mentee versetzt und das Mentoring endete noch vor dem offiziellen Schluss. Wir wissen beide, dass es eigentlich noch eines Abschlussgesprächs bedürfte. Stattdessen sehen wir uns ab und an auf Branchenveranstaltungen oder schreiben uns längere E-Mails. Das Mentoring wird auf diese Art und Weise lose fortgeführt. Das zeigt mir als Mentor, dass auf Seiten des Mentees Wertschätzung da ist. Besonders habe ich mich letztes Jahr über sein Buchgeschenk zu Weihnachten gefreut: Tribe of Mentors von Timothy Ferriss.
Die beiden Beispiele zeigen, dass Mentoring-Beziehungen komplett unterschiedlich ablaufen können. Was mir – unabhängig vom Ausgang – wichtig ist, sind ein paar grundlegende Eigenschaften, die ich generell an Menschen gut finde und auch bei Mentees suche: Offenheit, eine unkonventionelle Art und Wille zum Erfolg. Diese drei Eigenschaften verkörpere ich als Person; als Mentor muss ich aufpassen, auch mal Mentees zuzulassen, die das genaue Gegenteil darstellen. Lernen kann ich hauptsächlich von Menschen, die sich stark von mir unterscheiden. Der Umgang mit sehr verschiedenen Mentees stellt große Anforderungen an Mentoren. Bei aller Offenheit muss ich sehen, dass ich Mentees nicht mit zu vielen Fragen überfordere, nicht zu ungeduldig mit ihnen bin, usw. Mentoring lehrt einen Demut im Umgang mit Menschen. Mir wurde durch Mentoring überhaupt erst klar, dass Dinge, die für mich selbstverständlich sind und auf der Hand liegen, für einen Mentee in einer Blackbox und vollkommen unklar sein können. Sich in die Lage eines anderen Menschen zu versetzen, ist etwas, was man als Mentor wunderbar lernt.
Meine Erfahrungen als Mentor – exemplarisch die beiden oben genannten – haben mich so sehr begeistert, dass ich heute meine eigene Firma „die Karrieremacher“ führe, die Mentoring auf Basis einer digitalen Plattform anbietet. Dieses Buch gebe ich aus Freude am Thema heraus. Am meisten beeindrucken mich immer wieder die Erzählungen unserer Mentorinnen und Mentoren, wenn sie begeistert von den Tandems mit ihren Mentees erzählen. In solchen Momenten weiß ich, dass ich das Richtige tue.
Über Thomas Zimmerling
Thomas Zimmerling ist Geschäftsführer der Karrieremacher, einer Vermittlungsplattform für Mentoren und Mentees. Der studierte Politikwissenschaftler, Publizist und Jurist war zuvor viele Jahre in Agenturen und Unternehmen in der Kommunikation tätig. Er engagiert sich ehrenamtlich als Vorstand in der Deutschen Gesellschaft für Mentoring und der Deutschen Public Relations Gesellschaft.
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Darin lesen Sie Wissenswertes, Tipps und Tricks rund um Mentoring.
Enthalten sind u. a. dieser Erfahrungsbericht von Thomas Zimmerling oder jene von Lena Neumann und Peter Diekmann.